Wie Instandhaltung den Generationswechsel schafft

Nicolas Sartor
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Content Marketing Lead
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Die Instandhaltung steckt mitten in einem “Generationenwechsel”, der nicht nur die Fachkräfte, sondern auch die Tools betrifft: Während wir im Privatleben längst intuitive Apps, KI-Assistenten und mobile Geräte gewohnt sind, erleben viele in der Industrie noch eine ganz andere Realität. Alte Software, fehlendes WLAN in Werkshallen und Prozesse, die nicht mehr zeitgemäß wirken, sind noch an der Tagesordnung.

Genau darüber haben David Hahn, Geschäftsführer von remberg, und Tobias Oehler, Reliability Manager bei SE Tylose, in unserem Maintenance Live Talk gesprochen. Herausgekommen ist ein spannender Austausch über die Zukunft der Instandhaltung – und darüber, wie wir die nächste Generation dafür begeistern können.

📺 Die komplette Aufzeichnung des Talks kannst du dir hier ansehen: https://www.youtube.com/watch?v=7ywOtps8aMU

Privat digital, im Werk 1990? Die spürbare Lücke

David Hahn setzt den Rahmen mit einer Anekdote, die hängenbleibt: Selbst seine Mutter schreibe inzwischen für ihre Gemeinde “Predigtpläne mit ChatGPT“ – für ihn das Zeichen, „dass die Durchdringung von KI im Alltag nicht mehr aufzuhalten ist“. Dann der Kontrast: In vielen Betrieben gibt es noch Papier-Logbücher, Funklöcher und komplizierte Software-Masken.

Tobias Oehler bringt es auf den Punkt: „Draußen ist alles intuitiv. Drinnen sagen wir: Handy abgeben, hier ist dein Schraubenschlüssel.“ Der Bruch im Arbeitserlebnis, so die beiden, demotiviert – vor allem eine junge Generation, die Einfachheit gewohnt ist.

Kostentreiber oder Werttreiber? Ein überfälliger Perspektivwechsel

Aus 13 Jahren Praxis berichtet Tobias Oehler, die Instandhaltung werde „immer noch als Kostenblock“ gesehen. Dabei liege der Werthebel auf der Hand: weniger Stillstände, kürzere MTTR, planbare Produktion. Gerade in schwachen Märkten, wenn CAPEX ausgebremst werden, müssten OPEX-Maßnahmen „das schützen, was schon läuft“.

David Hahn ergänzt nüchtern: „Wenn Investitionen in Neuanlagen zurückgehen, muss der Blick auf Instandhaltung stärker werden.“ Passiert sei das vielerorts nur halbherzig.

Reifegrad statt Buzzword: Erst präventiv, dann zustandsbasiert – und erst dann „predictive“

Beide stellen klar: Die meisten Teams arbeiten noch mit hohem reaktiven Anteil. Der größte Sprung liegt nicht im Hype, sondern im Handwerk – präventive Maßnahmen wie vorbeugende Instandhaltung verlässlich durchziehen.

David Hahn: „Von reaktiv zu präventiv ist der wichtigste Schritt. Condition-based kommt danach. ‚Predictive‘ lohnt erst, wenn die Basis sauber ist.“ Tobias Oehler stimmt zu und fordert mehr Experimentierfreude: „Wir brauchen Trial-and-Error. Testen, messen, lernen – auch wenn es am Anfang wehtut.“

Fachkräftemangel: Warum KI hilft – und der Mensch bleibt

Die demografische Kurve beschäftigt Tobias Oehler sichtlich: „2030 bis 2033 gehen die Babyboomer. Das merken wir brutal.“ KI könne hier entlasten – bei Suche, Dokumentation, Wissenszugriff. Robotik werde Routine-Inspektionen übernehmen. Komplexe Instandsetzungen aber blieben „auf lange Sicht menschlich“.

David Hahn verweist auf Analysen, nach denen Instandhaltungsjobs zu den am wenigsten komplett automatisierbaren zählen – und zieht die praktische Linie: „Lasst die KI die stupiden Hürden wegnehmen: Informationen finden, dokumentieren, Übergaben.“ So steige die Hands-on-Time, die heute „viel zu oft bei 30–40 % hängenbleibt“, wie Tobias Oehler aus der Praxis bestätigt.

Audits und KPIs: Stresssymptom Datenlücke

Wenn Auditor*innen kommen, steigt der Puls – nicht wegen der Prüfung, sondern wegen Datenqualität, sagt Tobias Oehler. MTTR und MTBF seien vielerorts „Wunschgrößen“, solange Zeiten, Ursachen und Abschlüsse unvollständig gepflegt werden.

Die Rollenverteilung sehen beide klar: ERP bleibt Rückgrat für Buchung und Transaktion, Speziallösungen gehören auf den Shopfloor – mobil, offline-fähig, mit Foto/Video und Sprache. Erst dann werden KPIs verlässlich – und Audits kalkulierbar.

Kultur schlägt Tool: Partizipation als Talentmagnet

Technik allein löst es nicht. Tobias Oehler spricht ungewohnt deutlich über Wertschätzung: Räume, Werkstätten, moderne Geräte – kleine Dinge mit großer Signalwirkung. Vor allem aber: Mitreden lassen. „Die Leute am Shopfloor kennen die Maschinen besser als jeder im Büro. Hol sie ins Projekt, gib ihnen eine Stimme – dann entsteht intrinsische Motivation.“

David Hahn ergänzt den aus seiner Sicht entscheidenden Modus: „Probieren statt PowerPoint. Menschen mitnehmen heißt: anfassen, erleben, verstehen.“

Obsoleszenz & Asset-Denken: Transparenz zuerst

Beim Thema Obsoleszenzmanagement herrscht Realismus: Das Problem wächst – und ohne vollständige Asset-Transparenz bleibt jede Strategie Zufall. Sprachlich favorisiert Tobias Oehler den breiteren Begriff “Asset Management” – mit Verbesserung als festem Bestandteil.

Schlussakkord: Optimismus mit Auftrag

Auf die Frage nach seinen schlaflosen Nächten antwortet Tobias Oehler ohne Pathos: „Wie kommt die Industrie aus dem Trott?“ Seine Antwort ist das Leitmotiv des Webinars: „Machen, machen, machen.“

David Hahn setzt das Ausrufezeichen: „Technologien müssen erlebbar werden – in kleinen, sicheren Piloten, die echten Nutzen zeigen.“ Am Ende steht ein nüchtern-optimistisches Bild: Instandhaltung bleibt ein zukunftsträchtiges Feld – wenn Technik und Kultur zusammenspielen.

Die zentralen Takeaways in einem Blick

  • Digitale Lücke schließen: Alltags-UX muss in die Halle – Geräte, WLAN, einfache Oberflächen.
  • Reifegrad denken: Präventiv stabilisieren → zustandsbasiert ausbauen → dann „predictive“.
  • KI pragmatisch nutzen: Suchen, Dokumentation, Wissenszugriff.
  • Hands-on-Time erhöhen: Warte- und Suchzeiten systematisch senken.
  • Daten zuerst: ERP als Rückgrat, Shopfloor-Apps für Bedienbarkeit; KPIs erst mit sauberer Basis.
  • Menschen mitnehmen: Partizipation, wertige Umgebung – Motivation ist der Multiplikator.

So klingt ein Generationswechsel, der nicht nur angekündigt, sondern umgesetzt wird.